Die vorberatende Kommission des Ständerates hat sich gestern, am 29. Januar 2018 für eine Anhebung der Schweizer Strahlenschutzbestimmungen auf das europäische Niveau ausgesprochen. Ohne dabei zu wissen, dass sich diese bereits auf europäischem Niveau befinden.(!)
Schwarzenburg, 30.1.2018
Medienmitteilung der Kommission KVF des Ständerates vom 30. 1.2018
Die fortschreitende Digitalisierung führt zu einem stetig steigenden
Konsum von mobilen Daten durch die Wirtschaft und die Konsumentinnen und
Konsumenten. Ein Ausbau auf den Standard 5G ist deshalb für die Schweiz
zwingend. Eine Anpassung der Strahlenschutz-Bestimmungen auf
europäisches Niveau wird weiterhin einen hohen Schutz der Gesundheit
garantieren.
Mit 7 zu 6 Stimmen hat die Kommission eine Motion (18.3006) beschlossen, mit welcher der Bundesrat aufgefordert wird, eine Revision der NISV in Angriff zu nehmen, damit ein Kollaps der Mobilfunknetze verhindert und der Anschluss an die Digitalisierung sichergestellt werden kann. Die Kommission weist darauf hin, dass eine erfolgreiche Implementierung des Mobilfunkstandards 5G unumgänglich ist, wenn die Schweiz gegenüber den Nachbarländern nicht ins Hintertreffen geraten will. In Anbetracht der bereits starken Auslastung der Mobilfunkinfrastruktur, des rasanten Anstiegs der Datenmenge sowie des erschwerten Baus neuer Anlagen müssen nach Ansicht der Kommission die Vorschriften der NISV angepasst werden. Die internationalen Vorgaben für den Strahlenschutz sollen dabei weiterhin berücksichtigt werden, so dass ein hoher Gesundheitsschutz erhalten bleibt. Eine Minderheit beantragt die Ablehnung der Motion. Einerseits hält sie fest, dass eine Anpassung der Verordnung in erster Linie in der Verantwortung des Bundesrates liegt. Andererseits macht sie geltend, dass die Auswirkungen von nichtionisierender Strahlung auf die menschliche Gesundheit nicht zweifelsfrei festgestellt werden können, weshalb jede Lockerung der Vorschriften mit äusserster Vorsicht angegangen werden sollte. Ende der Medienmitteilung.
Ein erster Kommentar von Hans-U. Jakob, Präsident von Gigaherz.ch
Vorerst einmal: Was bedeutet eine angenommene Motion?
Mit einer Motion erhält der Bundesrat den Auftrag, einen Entwurf zu einem Erlass der Bundesversammlung vorzulegen oder eine Massnahme zu treffen. Motionen können von der Mehrheit einer Kommission und während der Session von einer Fraktion oder einem Ratsmitglied eingereicht
werden. Einer Motion müssen beide Räte zustimmen. In diesem Fall hier,
zuerst noch der Ständerat voller Zusammensetzung und dann auch noch der
Nationalrat. Erst dann geht der Auftrag, die Verordnung über
Nichtionisierende Strahlung, resp. die Grenzwerte anzupassen an den
Bundesrat.
Und was der Bundesrat dann aus dem Auftrag macht, steht noch völlig in den Sternen.
Was verstehen diese Leute überhaupt?
Die Motion 10.3006 wurde einmal mehr von einem Ratsmitglied eingereicht,
welches offensichtlich weder von Mobilfunkstrahlung, noch von den
daraus entstehenden Gefahren für die Gesundheit eine grosse Ahnung hat,
dafür viel mehr von Aktienkursen und Milliardenprofiten. Nicht viel
besser dürfte es bei den übrigen 6 «Volksvertretern» stehen, welche die
Motion angenommen haben. Ansonsten hätten sie einem Unsinn wie der
«Anhebung der Strahlenschutzbestimmungen auf das europäische Niveau» gar
nicht erst zustimmen müssen. Denn unsere Strahlenschutzbestimmungen
befinden sich bereits auf europäischem Niveau. Die Schweiz misst
bekanntlich lediglich dort, wo die Strahlung gegenüber dem «europäischen
Niveau» ganz von selbst, das heisst aus Gründen der Distanz, der
Abweichung zur Senderichtung und unterhalb einer Antenne zusätzlich noch
aus Gründen der Gebäudedämpfung auf 10% der ausländischen Grenzwerte
zurückgegangen ist, welche 6-10m vor der Antenne und 1-2m unterhalb der
Antenne erfasst werden. Siehe nachstehende Grafik!
Diese Grafik gehört Gigaherz.ch und ist Copyright geschützt
Mit einfacheren Worten. Die Europäer messen dort wo
sich Menschen nie aufhalten dürfen, auch nicht kurzzeitig. Und die
Schweizer messen dort, wo sich die Menschen aufhalten müssen, und zwar
dauernd, während 24 Stunden am Tag
Die Behauptung, die Schweiz habe 10mal strengere Grenzwerte als das
europäische Umland, ist nach wie vor der grösste Schwindel, welcher der
hiesigen Bevölkerung je aufgetischt wurde.
Wenn die Industrievertreter im Ständerat nun an den Schweizer Grenzwerten herumschrauben möchten, tun sie das mit dem Ziel, der Schweiz die mit Abstand höchsten Strahlungswerte Europas zu verpassen.
Grafiken und Detailinformationen dazu unter: https://www.gigaherz.ch/lockerung-der-strahlungsgrenzwerte-eine-wahnsinnsidee-des-bundesrates/ oder stark vereinfacht unter https://www.gigaherz.ch/schweizer-grenzwertschwindel-kurz-und-klar/
Da ist das letzte Wort noch lange nicht gesprochen. Vorerst muss die Motion 18.3006 noch vom Ständerat selbst, und dann noch vom Nationalrat angenommen werden.
Und sollte dereinst der Bundesrat tatsächlich zu unseren Ungunsten an
den Grenzwerten herumschrauben wollen, steht uns erst noch der Weg der
akzessorischen Prüfung durch das Bundesgericht offen.
Der Weg ist noch lang und kurvenreich. Es gibt noch viel zu tun! Packen
wir es an! Man muss sich nur nicht immer alles gefallen lassen!
Übrigens: 7:6 ist gar nicht so schlecht. Bei früheren Abstimmungen zu diesem Thema hat es jeweils 12:1 geheissen. Äs taget z’Bärn!
Quelle: https://www.gigaherz.ch/